Spannende Diskussionen mit Nobelpreisträgerin Leymah Gbowee und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen über Frauenrechte und Flüchtlinge

11.10.2015

               Gbowee

             Friedensnobelpreisträgerin Leymah Gbowee aus Liberia  

Nobelpreisträgerin Leymah Gbowee, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Königin Rania aus Jordanien, die britische Innenministerin Theresa May - berühmte und mächtige Frauen saßen auf dem Podium der zweitägigen Londoner Konferenz "Women in the World".  Die amerikanische Star-Journalistin Tina Brown hatte die Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der New York Times organisiert. Mindestens ebenso interessant wie die Aussagen der Promis waren die Redebeiträge der weniger bekannten Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen und Aktivistinnen. Fast 500 Euro musste bezahlen, wer die Veranstaltung besuchen wollte und keinen Studentenausweis vorzeigen konnte - klar, dass sich überwiegend gut situierte Feministinnen auf der Konferenz versammelten.

Tosenden Applaus bekam am Donnerstagabend die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Sie erläuterte die deutsche Flüchtlingspolitik: "Wir haben aus unserer furchtbaren Geschichte gelernt, dass man Menschen schützen muss, wenn sie in Gefahr sind. Gleichgültigkeit ist keine Option." Deutschland habe allein im September 270.000 Flüchtlinge aufgenommen. Das koste viel Geld, aber das Land habe genügend Wirtschaftskraft: "Ich bin davon überzeugt, dass wir das schaffen."

Auf die obligatorische Frage, wie sie es hinbekommen habe, mit sieben Kindern Karriere als Ärztin und Politikerin zu machen, erzählte von der Leyen, ihr Aufenthalt in den USA habe ihr die Augen geöffnet: "In Deutschland war und ist es Tradition, dass du mit einer guten Ausbildung jeden Job haben kannst, außer wenn du ein Kind hast. Dann bleibst du zu Hause." Deshalb habe sie als berufstätige Mutter zunächst ein schlechtes Gewissen gehabt. In Kalifornien habe sie erkannt, dass es dafür keinen Grund gibt. Dort würden arbeitende Frauen und Männer dabei unterstützt, Karriere und Kinder unter einen Hut zu bekommen. Gastgeberin Tina Brown war von Ursula von der Leyen hingerissen und schwelgte: "You are an Inspiration!". (Das ganze Interview hier anschauen.)

Auch Königin Rania aus Jordanien, bekam viel Applaus. Sie berichtete, dass ihr Land 1,4 Millionen Flüchtlinge aufgenommen habe und appellierte: "Jordanien ist kein reiches Land. Diese Krise überfordert uns."Indirekt forderte sie Großbritannien auf: "Länder, die keine Leute aufnehmen wollen, sollten wenigstens denjenigen Ländern helfen, die Flüchtlinge nehmen."

Tina Brown nennt die britische Innenministerin Theresa May "scary"
Weniger begeistert empfing das Publikum am nächsten Tag die britische Innenministerin Theresa May. Gastgeberin Tina Brown von der New York Times sagte sogar, sie finde May "sometimes scary" (manchmal unheimlich). Die Ministerin hatte wenige Tage zuvor auf dem Tory-Parteitag  die Hardlinerin gegeben: Einwanderer würden den Engländern Arbeitsplätze weg nehmen. Auch könnten nicht alle Flüchtlinge, die da seien, in Großbritannien bleiben. Das Land will in den kommenden fünf Jahren gerade mal 20.000 Flüchtlinge aufnehmen. Auf der Frauen-Konferenz in London warb sie um Verständnis für ihre Position: Viele Menschen hätten eben Ängste wegen der vielen Einwanderer, deshalb müsse die Regierung zeigen, dass sie bereit sei, etwas zu unternehmen. Lieber als Fragen zur Einwanderung beantwortete May Fragen zu ihrem Kleidungsgeschmack: "Ich bin eine Frau und ich trage gerne Kleider", sagte sie und bekam auch dafür höflichen Applaus.
Leymah Gbowee berichtet vom Sex-Streik gegen den Krieg
Zu den interessantesten Podiumsgästen gehörte Friedensnobelpreisträgerin und Powerfrau Leymah Gbowee aus Liberia. Sie berichtete, wie sie sich gemeinsam mit anderen Frauen gegen die Schergen des Diktators Charles Taylor gestellt hatte: "Viele von uns wurden vergewaltigt und missbraucht. Wir hatten nichts zu verlieren. Wenn ich gestorben wäre, hätten meine Kinder immerhin sagen können: Unsere Mutter hat für den Frieden gekämpft."

Die Aktivistin erntete ungläubiges Gelächter, als sie  ihre gewaltfreien Aktionen beschrieb: "Als sie uns verhaften wollten, drohten wir damit, unsere Kleider auszuziehen. Es hat funktioniert. Die Polizisten sind davongelaufen". Sie hatte auch einen Sex-Streik gegen den Krieg organisiert. "Es ist traurig dass wir zu solchen Methoden greifen mussten. Aber alle Medien haben darüber berichtet." Gbowee leitet inzwischen ihre eigene Stiftung, die Gbowee Peace Foundation, die sich für Bildung von Mädchen und Frauen in Afrika einsetzt. Charles Taylor sitzt in einem britischen Gefängnis 50 Jahre Haft ab. "Ich werde ihn nicht besuchen", sagte die Liberianerin und lächelte.

Ebenfalls sehr spannend war die Runde zum Thema "Frauen kämpfen gegen den Terrorismus". Sasha Havlicek, Direktorin des Institute for Strategic Dialogue berichtete, dass sich immer mehr Frauen islamistischen Terrorgruppen anschließen, weil ihnen durch die Propaganda das Gefühl vermittelt werde, dass sie dort gebraucht würden. Havlicek hat ein Netzwerk aus ehemaligen Mitgliedern von Terrororganisationen aufgebaut: "Wir setzen darauf, dass diese Stimmen gehört werden." Sara Khan, Co-Direktorin der Frauenrechts-Organisation Inspire, ergänzte: "Frauenrechte sind das Kampffeld für Extremisten. Sie wissen, dass Bildung die Frauen vom Extremismus entfernt, deshalb wollen sie die Bildung verbieten."

 
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